Seiner Mutter zuliebe studierte Nathan in NYC Jura. Allerdings machte ihm das überhaupt keinen Spaß. Dennoch schloß er das Studium mit
Bravour ab.
Jedoch nach einigen wenigen Jahren in einer sehr angesehenen New Yorker Kanzlei, entschied er sich kurz entschlossen nach Germany zu gehen und endlich das zu
werden was er schon immer wollte und auch nebenher immer im Auge behalten hatte, nämlich Journalist.
Seitdem spielt Jura nur nebensächlich eine Rolle in seinem Leben!
Hier einer seiner ersten Artikel die veröffentlicht wurden:
'Ende der Arbeitswoche, weit fortgeschrittener Stunde, Etablissement mit ausführlicher Getränkekarte. Bisher gab es nichts zu monieren.
Schöne und weniger schöne Menschen um mich herum verfeuern ihr Gehalt für Alkohol, das Strobo-Licht multipliziert den Herzschlag, rotwangig erzählen ich mit einer netten Dame aus unserem
Montag-bis-Freitag-Leben.
Files under: Alles ist gut. Das hätte nun wunderbar bis zum Putzlicht so weitergehen können, ich wäre später betrunken in mein Bett gefallen ( es sei nun dahin gestellt ob alleine oder nicht )
und am nächsten Mittag zwar verquollen mit Kopfweh, aber zufrieden aufgewacht. Aber nein, der DJ macht mir einen gewaltigen Strich durch die Rechnung.
Während auf der Tanzfläche schon die Resterampe aufgebaut wird, stimmt er ''You Always Hurt The One You Love'' von Michael Bublè an. Ab jetzt bleiben mir knapp 4 Minuten (warum muss ''unser
Song'' auch noch so ein langer sein?), um eine wahnsinnige Dummheit zu begehen. Zuerst versuche ich diszipliniert, mich stoisch an mein Glas zu klammern, doch dann wandert meine besoffene Hand
zielgerichtet in meine Hosentasche und fischt das Handy heraus wärend die betrunkene Junge Dame ohne Unterlass weiter auf mich einredet. Mit ordentlich Gin Tonic in meinem limbischen System tippe
ich eine kryptische Emo-SMS an meine Exfreundin. Super. Ich hätte stattdessen Edding von den Klowänden lecken, mit einer von den verzweifelten leichtbekleideten Dreißigjährigen Frauen in viel zu
erngen Kleidern an der Bar rummachen oder ein Kilo Kreide fressen können. All das wäre besser gewesen, als diese hirnrissige SMS zu tippen, nur weil mich ein Song an diese verjährte Tussi
erinnert. Schon jetzt ist klar: Morgen früh werde ich mich dafür hassen.
ECHTE ALKOHOLPOESIE IN 160 ZEICHEN
Da hilft es mir zwar nicht viel, dass ich damit nicht alleine bin, aber gemeinsam schrumpft zumindest die Scham. Eine nicht repräsentative Umfrage
in meinem Freundeskreis rechtfertigt die Existenz von Internetseiten wie smsvonletzternacht.de und ähnlich betitelten Facebook-Gruppen. Mein Kumpel Marc zum Beispiel mutiert immer zum
somnambulen Vollidioten, wenn er ''Torn'' von Natalie Imbruglia hört, auch so ein typischer Prä-Putzlichtsong. Seine Exfreundin hat ihm schon gedroht, sich eine Geheimnummer anzuschaffen. Meine
Bekannte Lina sendet in regelmäßigen Abständen Herzrotz bei ''Wonderwall'' von Oasis, obwohl die Beziehung mit der Zielnummer schon vor acht Jahren ein katastrophales Ende fand. Zusammen haben
wir wohl ein Sammelsurium im Telefonspeicher, das sich liest wie die Schulheftkrakeleien von Teenagern.
Einige Auszüge: ''Es ist so kalt ohne dich. so kaaltt'' - ''und wieder steh ich hier und du bist so weit weg. viel weiter als weit'' - ''was soll
der scheiss jetzt? erst knutschen und dann abhauen?'', und so weiter und so fort.
Vorbildlich, oder? Echte Alkoholpoesie, pure Eloquenz in makelloser Rechtschreibung! Fortgeschrittene beziehungsweise Einfallslose tippen gleich
eindeutig zweideutig die wichtigsten Liedzeilen ab, die ihnen gerade das Herz gefrieren lassen. Meine Inbox nennt 400 Zeichen lange Songauszüge ihr eigen. Ich bin nämlich nicht nur Sender,
sondern ganz chomskymäßig auch Empfänger. Sprich, von Idioten wie mir gibt es offensichtlich viele.
EIN SONG, EINE ERINNERUNG, EINE FATALE SMS-KONSEQUENZ
Im letzten Jahr wurden in den USA mehr als über 30 Milliarden SMS verschickt. Ich will gar nicht wissen, wie viele davon mit Mist gefüllt waren, nur
weil der falsche Song lief. Musik kodiert unser Gedächtnis. Heißt: Wir verbinden Lieder mit Erinnerung, erneutes Hören ist also ein Schlüsselreiz, der ein buntes Programm vor dem inneren Auge
ablaufen lässt. Nicht umsonst werden Alzheimerpatienten mit Musiktherapie behandelt. Zudem wird dei Dementen das wortbezogene Gedächtnis zuerst gestört. Und wir verarbeiten Musik und Sprache auch
noch in den gleichen Hirnregionen. Weil also das implizite Gedächtnis, das auf Töne reagiert, noch eine Weile rund läuft, kramt das richtige Lied eine ganze Armada an alten Geschichten hoch. Wenn
das alles schön mit Alkohol umspült wird, ist der Weg von einem Song zum Handy nicht besonderst weit. Abwesender Hemmschwelle sei Dank. Mit genügend Promille in der Blutbahn feiern unsere
Neurotransmitter ihre eigene Party. Hormone, Opiate, Morphine - alles verbotene Substanzen, die unser Körper selbst herstellen kann. Alkohol fungiert als Drogenkurier, treibt die illegale Ware im
Doppeltempo zu jedem freien Rezeptor, den er finden kann. Kurzum: Jegliches Gefühl, sei es positiv oder negativ, wird übersteigert. Wird es dann noch von einer Erinnerung angepikst, sprudelt der
Emo-Wahnsinn nur so aus uns heraus. Übrigens tendieren Frauen öfter zu emotionalen Textnachrichten als Männer, glaubt man Wissenschaftlern der Indiana Universität. Kann ich so jetzt nicht
bestätigen. Mein Heulsusenfreund Marc ist mindestens die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Und ein Teil meiner Verflossenen untergräbt diese Studie auch ganz vorzüglich. Mein unangefochtener
Sieger der männlichen Besoffski-SMS von Marc, gesendet an einem Samstagmorgen um 4.37 Uhr: ''die foo figthers haben einen Song nur für uns geschrieben. Ich bin mir ganz sicher. Come down ans wast
away with me! Wirst immer die einzige für mich sein.'' Fast 160 Zeichen, Respekt. Nur, was wird wohl seine neue Freundin zu dieser SMS sagen?
EINZIGER SCHUTZMECHANISMUS: SELBSTBETRUG
Mann könnte nun um 4.37 Uhr einmal kurz in sich gehen und an die gute alte Selbstkontrolle appellieren, Foo Fighters hin oder her. Aber wer verfügt
schon bei 1,5 oder mehr Promille über ein sorgfälltig reflektiertes Bewusstsein? Lieber das eigene Unvermögen mit Selbstbetrug umgehen! So haben wir uns immerhin schon im Kindergarten das
Nägelkauen mit Hilfe von Handschuhen (fast) abgewöhnt. Solche Handschuhe heißen jetzt zum Beispiel DrunkBlocker und kommen in Form einer nützlichen iPhone-App daher. Ganz simpel kann man mit dem
DrunkBlocker einstellen, in welchem Zeitfenster man gedenkt, sich einem gepflegten Rausch hinzugeben. Ab Uhrzeit X bis Uhrzeit Y sind dann bestimmte, vorher festgelegte Nummern für Anrufe und SMS
blockiert. Für Notfälle - aber nein: Kein Notfall der Welt rechtfertigt am nächsten Morgen peinliche Emo-SMS - können die Nummern entsperrt werden. Allerdings erst, nachdem man äußerst lästige
Intelligenzspielchen hinter sich gebracht hat, die einem hoffentlich bei Quasi-Putzlicht und dem fünften Gin Tonic den letzten Nerv rauben oder die entgleiste Gefühlmasse wieder zusammenleimen.
Damit umgeht man im Übrigen auch, die Textnachricht an eine falsche Adresse zu schicken. Wer möchte folgenden Dialog nicht gern vermeiden: ''hey, dsarf ih dich gliehc besuchen und fixkem?'' -
''Hallo Marc, ich bins Mama! Was schreibst du mir da?''...
Für mich ist das blöd, denn ich habe kein iPhone. In Selbstkontrolle bin ich auch ab und an ein Totalversager. Deshalb gebe ich
neuerdings mein Handy einfach Lisa oder Marc (oder wer mich von meinen Freunden begleitet), die es mir fürsorglich erst wieder beim Abschied vor dem Club in die Hand drücken. Zusammen sind wir
somit so zusagen so etwas wie eine prima betrunkene Selbsthilfegruppe. Nur der Heimweg bringt noch einen Fallstrick. Wehe, im Taxi läuft ''You Always Hurt The One You Love'' !'